Es wird viel passieren - hieß es vor der Etappe. Und so kam es. Bei diesem historischen Marathon mussten alle Fahrer einen langen Atem haben und die letzten Kräfte mobilisieren. Und das vor den beiden Alpen-Etappen am Wochenende. Fünfeinhalb Stunden im Sattel auf der längsten Etappe seit 21 Jahren und am Schluss noch der brutale Anstieg zum Signal d’Uchon - der bisher längste Tag wird seine Spuren hinterlassen. Der Vorjahrszweite Primoz Roglic verabschiedete sich endgültig aus dem Rennen um Gelb in Paris. Mit Mohoric gab es einen überraschenden, zugleich verdienten Sieger.
Sehr schneller Beginn in Vierzon mit zahlreichen Ausreißversuchen, an denen sich die Deutschen Jonas Rutsch (EFN) und Jonas Koch (IWG) beteiligten. Doch alle Gruppen und Solisten wurden wieder eingefangen. Erster Alarm im Feld, als der Träger des Gelben Trikots, Mathieu van der Poel, an die Spitze fuhr. Erster Versuch - gescheitert. Der zweite saß: High Noon in La Poste - um 12 Uhr mittags löste sich eine große Gruppe mit prominenter Besetzung, die das Team des großen Tour-Favoriten Tadej Pogacar (UAE), unter Zugzwang setzte. 29 Mann aus 18 Mannschaften: u.a. das Gelbe und das Grüne Trikot, Van Aert, Nibali, Yates, Cort Nielsen, Gilbert, Konrad, Asgreen, Andersen. Trotz aller Anstrengungen von UAE wuchs der Vorsprung konstant, zumal dahinter Ineos und Total Energie nur hinterherfuhren. Südlich von Nevers, wo die Fahrer die 1.000 km-Marke seit dem Start in Brest knackten, auf über 4 Minuten. Beim Zwischensprint in Saint-Benin-d’Azy baute Mark Cavendish, einziger Sprinter in der Fluchtgruppe, sein Konto Grünes Trikot um 20 Punkte aus. Plan perfekt aufgegangen.
Nach und nach geriet Schellings Bergtrikot in Gefahr
Nach der Hälfte der Etappendistanz Vorsprung erstmals über 5 und nach 100 km gar über 6 Minuten. An der Spitze des Verfolgerfeldes arbeiteten jetzt nur noch 3 UAE-Fahrer. An der Côte de Château-Chinon (3. Kategorie) gewann Matej Mohoric (TBV) den Sprint um die Punkte vor Brent van Moer (LTS). Die beiden zogen durch und setzten sich vom Rest der Fluchtgruppe ab. Nächster Berg: Côte Glux-en-Glenne (4. Kategorie). Wieder Mohoric vor van Moer. Eine Minute vor ihren ehemaligen Fluchtkameraden. Und 7 vor dem Hauptfeld. Unterdessen flog die Gruppe weiter auseinander; Campenaerts und Stuyven fuhren zum Spitzenduo auf. Dieses Quartett eine Minute voraus, das Hauptfeld über 7 Minuten dahinter. Cavendish ließ sich zurückfallen. Wieder 2 Punkte der Côte de la Croix de la Libération (3. Kategorie) für Mohoric vor van Moer. Die Sprinter zunehmend in Schwierigkeiten, überraschend auch Quintana und Froome. Und der Träger des Bergtrikots, Ide Schelling.
Nicht zu stoppen: Matej Mohoric
Beim Aufstieg zum Signal d’Uchon, ein unregelmäßiger Berg der 2. Kategorie, attackierte Patrick Konrad (BOH) aus dem Verfolgerfeld heraus. Die Gruppe Gelbes Trikot „nur“ noch 5 Minuten vor dem Hauptfeld. Vorne Mohoric unaufhaltsam. Auch Erster auf dem vorletzten Berg rund eine Minute vor Konrad und ca. 20 Sekunden vor der Gruppe van der Poel. Hinter dem Hauptfeld Primoz Roglic mit Problemen und ganz alleine. An der Spitze plötzliche Attacke von Richard Carapaz, der zunächst alle stehen ließ. Auch Pogacar ohne Teammitglied. Berstende Spannung allüberall. Zweikampf um Gelb zwischen den ewigen Rivalen van der Poel und van Aert. Carapaz schon 40 Sekunden vor Pogacar. Dessen Landsmann Mohoric (TBV) war heute der stärkste im Feld der 177 und holte sich den ersten Etappenerfolg bei der Tour. Und übernahm das Bergtrikot von Ide Schelling und war zugleich kämpferischster Fahrer. Mit Platz 4 behauptete Mathieu van der Poel das Gelbe Trikot. Grün blieb bei Cavendish. Von den Favoriten in der Gesamtwertung schien Carapaz Zeit auf Pogacar gut machen zu können. Kurz vor der Ziellinie überholte ihn sogar noch Julian Alaphilippe aus der Gruppe des Vorjahrssiegers, der auch Buchmann angehörte. Erneut wurde das Klassement gehörig durcheinander gewirbelt. Platz 2 jetzt für Wout van Aert; Pogacar mit 3:43 Abstand auf Platz 5; vor Nibali und Alaphilippe. Fazit: gemischte Gefühle bei den Fahrern aus Slowenien.