Worum geht es?
Ein Zeitfahren in der dritten Woche der Tour de France hat nie etwas mit den anderen gemein. Der Ermüdungszustand kann die Aussichten selbst für die besten Spezialisten beeinträchtigen, während diese Herausforderung andere, die bei dieser Übung nicht herausragen, über sich selbst hinaus wachsen lässt. Und dasjenige, was beim Anstieg in Mégève geboten wird, ist noch atypischer, da die Strecke die Kletterer begünstigt, insbesondere in der Côte de Domancy. Das sehr unregelmäßige Profil wird die Fahrer zudem mit heftigen Rhythmuswechseln konfrontieren, und das bis hin zur Aneinanderreihung von Schwierigkeiten zwischen der Côte des Chozeaux und der Abfahrt nach Mégève. Bei dieser Übung können die Karten neu gemischt werden: ein Segen für manche, eine Falle für andere…
Sie denken natürlich daran…
Die besten Roller unter den Kletterern werden sich hier wohlfühlen. Man denkt dabei natürlich an Chris Froome, der sich 2013 auf einer hügeligen Strecke zwischen Embrun und Chorges durchsetzen konnte… wobei er sich wohl daran erinnerte, dass das Ende der Tour für Sky-Kapitäne manchmal schwierig zu managen ist. In Gelb oder nicht, Froome wird mit dem Appetit von Rivalen umgehen müssen, die sich jüngst bereits bewährt haben. Vor weniger als einem Monat hat Alberto Contador seine Stärke im Anstieg beim „vertikalen Prolog“ von Gets zu Beginn des Critérium du Dauphiné unter Beweis gestellt. An diesem Tag hat er insbesondere den britischen Titelträger geschlagen, wenn auch in Abwesenheit von Nairo Quintana, dessen Talente als Kletterer eben durch erwiesene Fähigkeiten als Zeitfahrer erweitert werden.
Die Aussicht auf einen gelungenen Coup kann von einer Handvoll Leichtgewichte ins Auge gefasst werden, angefangen bei Richie Porte, der bei Zeitfahrten zu Bestleistungen fähig ist und überdies an der „Mauer“ von Gets bei der letzten vergleichbaren Ausfahrt Zweiter wurde. Seit dem Dauphiné haben sich die Ambitionen von allen Seiten bekräftigt. Und der Enthusiasmus rund um eine neuerliche französische Glanzleistung ist auch wieder entfacht, vor allem an so geschichtsträchtigen Stätten. Thibaut Pinot hat sich bei den Zeitfahrten der letzten drei Jahre voll entfalten können, wobei diese Entwicklung ihren zwischenzeitigen Höhepunkt in Vesoul gefunden hat, wo er den Landestitel in dieser Kategorie erringen konnte. In Sallanches wird der FDJ-Kapitän mit einer Tricolore-Kombination an den Start gehen und sich keinerlei Traum versagen… vorausgesetzt, er hat an diesem Tage eine Zielvorgabe zu erreichen.
Ein wenig Geschichte
Sallanches hat schon zwei Mal die Radsport-Weltmeisterschaften empfangen, um dort dann zwei Sieger der Tour de France zu krönen. Im Jahre 1964 war es der Niederländer Jan Janssen, der sich durchsetzen konnte, doch n die Geschichte eingegangen ist eher die Ausgabe 1980. Bernard Hinault trat dort mit einer ganzen Kette von Frustrationen an, die er bei denen vorangehenden WM-Ausgaben angesammelt hatte, und hatte die Tour 1980 auch gerade wegen Kniebeschwerden durchs Hintertürchen verlassen. Dieser Tag sollte dennoch einer der markantesten in seiner Laufbahn werden. Nachdem er das Rennen aufgesprengt hatte, hängte der „Dachs“ auch seinen letzten Rivalen, Gianbattista Baronchelli, in der Côte de Domancy ab, um auf die überzeugendste Art überhaupt den einzigen noch fehlenden Titel einzuheimsen. Zur ehrenvollen Erinnerung an diesen Ruhmestag desjenigen, der zwischenzeitig Botschafter der Tour de France geworden ist, wird dem am schnellsten gemessenen Fahrer am Gipfel der Côte de Domancy der Prix Bernard Hinault überreicht.
Aktuelles
29 Juni 2016
- 18:43
Positionswechsel zwischen Sallanches und Megève ? (5/6)